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Nach dem Gymnasium zog es auch mich nach Klosterneuburg um danach dort, abseits des heimischen Herdes, in den Genuss angemessener fachlicher Fortbildung zu kommen. Ein bisschen aus dem Haus zu kommen und die Welt aus anderen Perspektiven zu sehen hat noch niemand geschadet, und so durfte ich einige lehrreiche Jahre bei einem großen internationalen Brauereiunternehmen in einer interessanten Position verbringen. Für Bier gibt es ein Rezept, beim Wein niemals. Denn jedes Jahr bietet neue Herausforderungen und Chancen, aber wenigstens fällt beides unter Genussmittel. Kurz vor der Jahrtausendwende gab es bei uns auch eine für mich bedeutende Wende. | ||
Im Jahr 1899 errichtete Carl von Lambrecht an der Ecke Weinberggasse / Ödenburgerstrasse das Weingut Marienhof. Auf diesem noch unbebauten Grundstück befand sich zuvor ein Steinbruch, in dem der Sandstein für die barocken Bürgerhäuser in der Altstadt abgebaut wurde und nicht wie man üblicherweise vermuten könnte rund um St.Margarethen. Die wirtschaftlichen Tätigkeiten des Herrn Lamprecht waren überwiegend in Österreich angesiedelt, ein wenig in Graz und im Raum Wiener Neustadt und an seinem spektakulären Nebenwohnsitz in Semmering. Die Stadt Rust lag zu diesem Zeitpunkt noch in Ungarn. Es gab damals viele Kaufleute und Weinhändler die sich nicht nur damit beschäftigten mit sogenannten höchstbegehrten "Ungarweinen" in Österreich zu handeln, sondern auch selbst vor Ort Weingüter betrieben um diese Produkte selbst herzustellen zu können. Daher war es durchaus üblich dass Kaufleute im benachbarten Ungarn investierten. Carl von Lambrechts Ehefrau kam aus Ungarn, vermutlich hat dieser Umstand derartige Aktivitäten etwas begünstigt. |
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Ein kleiner Exkurs zu den sogenannten Ungarweinen, gefunden auf dem hervorragen Burgenland History Blog des Historikers Dr. Herbert Brettl aus Halbturn: |
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Der Raum Wiener Neustadt, und die Stadt selbst, hatte in der K.u.K. Monarchie als Import/Export-Standort für die wirtschaftlich Verflechtung zwischen Österreich und Ungarn eine enorme Bedeutung. Lamprecht erkannte die vorhandenen Möglichkeiten und begann in Rust zu investieren. Dabei dürfte er seinen früheren Architekten und Baumeistern die Treue gehalten haben. Bei aufmerksamer Betrachtung der Dachkonstruktion, der Art der Gaupen und Sparren sowie des gesamten Baustiles ist es sofort klar, dieses Haus gehört eigentlich auf den Semmering! Dennoch war die Planung der Gebäude und der Anlage streng den damals üblichen betrieblichen Abläufen unterworfen, im Grundprinzip ein Vorläufer der heutigen "Design-Weingüter" bei welchen spannende Architektur auf absolute Funktionalität trifft. Apropos Semmering, im Jahr 1903 erkannte Lamprecht wieder die Zeichen der Zeit und verkaufte seine Villa mit Gewinn an den Hotelier Panhans, der diese schleifen ließ um sein Hotel auf für damalige Zeiten unglaubliche Dimensionen zu vergrößern. |
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Die Admiralität begann zu suchen, ein bewährter vertrauenswürdiger Offizier, ein gewisser Leopold Sellner bekam den Posten und wurde in Folge umgehend Admiral. Er steuerte jahrelang die Kaiserin, unbeirrt ihrer Ticks und ihrer außergewöhnlichen Ansprüche, durch die Ägais, die Adria und sogar nach Ägypten. Die machmal doch eher unüblichen gemeinsamen Erlebnisse führten dazu dass er zu einer ihren Vertrauenspersonen avancierte. Als tragischerweise sein "einziger" Passagier 1898 in Genf einem Attentat zum Opfer fiel nahm er den Hut und wählte den Ruhestand. Die Yacht "Miramar" fiel nach den ersten Weltkrieg an Italien, wurde 1926 abgewrackt und die kostbare Inneneinrichtung ziert noch heute ein Restaurent in Venedig nächst der Rialtobrücke, das Antica Carbonera. Warum es den Admiral dann genau nach Rust verschlug ist ungeklärt, könnte aber unter Umständen an alten Kontakten mit dem ehemaligen K.u.K. Militärlieferanten Lamprecht gelegen haben. Er steuerte seinen letzten Hafen an, den Hafen der Ehe mit Carl von Lambrechts Tochter Wilhelmine und bewirtschaftet während seines Ruhestandes gemeinsam mit seiner Gattin den Marienhof. Um 1935 übernahm Sohn Kurt Sellner das Anwesen. In Erinnerung an diese Episode, aus der Geschichte des Hauses, trägt nun, nur in besonderen Jahren, die beste rote Cuvee den Namen "Alter Admiral". |
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Im Jahr 1945 wurde es im Haus wieder richtig turbulent. Bürgermeister Johannes Wiesinger jun. führte am 18.Oktober Beschwerde an die Ortskommandatur der Roten Armee in Eisenstadt: "Betrifft: Demolierung des Sellner Hauses. Ich erlaube mir darüber Beschwerde zu führen, daß die im Haus Weinberggasse 10 (Weingut Marienhof) untergebrachten Soldaten der Roten Armee dieses Haus vollständig demolieren. Es werden Fensterstöcke herausgerissen und verheizt, die noch vorhandene Einrichtung ebenfalls verheizt, Türen werden wegetragen usw. Ganz besonders ist darüber zu klagen, daß ein Zimmer als Baderaum benuzt wird, sodaß der Parkettfußboden durch das viele Wasser bereits aufgezogen ist und das Wasser sogar in den Keller durchdringt und das Kellergewölbe zerstört. Ich bitte diesem unsinnigen Treiben Einhalt zu gewähren." Sellner jun. hatte also alle Hände voll zu tun und war zudem privat in stürmische See geraten, die Situation war höchst unerfreulich. Er hatte von allem genug und wollte so schnell wie möglich weg. Just (!) an diesem Punkt lief ihm mein Großvater über den Weg. |
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Mein Großvater war in seiner Heimatgemeinde Gloggnitz schon immer sehr umtriebig gewesen, er betrieb ein Wirtshaus und mit einem Partner sogar einen Steinbruch, und dass er eines Tages ein Unternehmen auf einem "ehemaligen Steinbruch" im Burgenland gründen würde ahnte er zu diesem Zeitpunkt keineswegs. Sein großes Vorbild aus unternehmerischer Sicht war damals, warum auch immer, die Firma Pago und er strebte immer nach einem Betrieb zur Fruchtsafterzeugung. 1945, unmittelbar nach Kriegsende verschlug es ihn auf einer seiner Touren, vermutlich "im Schleich", Salz gegen Wein für das Wirtshaus einzutauschen nach Rust. Er lernte zufällig Sellner jun. kennen, man sprach über dies und das und irgendwann natürlich auch über Fruchtsäfte. Mein Großvater erkannte dass Herr Sellner das Bedürfnis hatte möglichst rasch Rust verlassen zu können und so kam es zu einem abermaligen Treffen der beiden Herren. Man traf sich kurz darauf in der Restauration des Bahnhofes in Wr. Neustadt und schloss vor Ort einen Pachtvertrag über den Marienhof ab. Aus den Fruchtsäften wurde nichts! Bereits 1945 bestanden, neben der Beseitigung der wichtigsten Kriegsschäden, die ersten wirtschaftlichen Aktivitäten meines Großvaters darin, dass mein Vater mit einer kleinen mobilen Brennerei von einem Weinbaubetrieb zum andern zog und die Geläger brannte. Anfangs war vorerst alles klar, mein Großvater dachte nach und mein Vater marschierte! Ein 1/3 des Brandes verblieb ihnen als Lohn. |
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Parallel dazu betrieben die Herren, mittlerweile völlig legal, eine große gewerbliche Verschlußbrennerei die für nahezu ganz Rust und viele Betriebe aus der Umgebung tätig war. 1953 gelang es ihnen eine derartig große Menge an Feinbrand an den damals noch florierenden Konsum zu verkaufen, das aus diesem Erlös der Betrieb von Hr. Sellner erworben werden konnte. Ein für heutige Zeiten unvorstellbarer Vorgang. Und sie stellten den Betrieb abermals um und wieder machten sie keine halben Sachen. Denn bereits zu dieser Zeit hatten die beiden, von den Erfolgen zuvor angestachelt, den Vorsatz auch den Weinbau nach dem bisherigen Erfolgsrezept zu beginnen. Sie hatten bereits erkannt das langfristig nur die Erzeugung von Qualitätswein in Flaschen die Zukunft sichern würde, bei "Ware" in Fass und Tank würde man immer den Märkten ausgeliefert sein. Weingartenflächen wurden erworben, der Betrieb wurde den Bedürfnissen eines Weinbaubetriebes angepasst und wieder seiner eigentlichen Bestimmung zugeführt. Die Weingärten wurden allesamt in der damals noch neuen und revolutionären Lenz Moser Hochkultur angelegt, nun war mein Vater die treibende Person. Er verschlang jede Literatur die er im Weinbauinstitut Geisenheim bestellen konnte, er suchte ebenso intensiv den Kontakt mit Klosterneuburg und bemühte sich mit allen Kräften, auf dem zweiten Bildungsweg, ein möglichst perfekter Weinbauer zu werden. Dies gipfelte in einem sehr guten Kontakt mit Prof. Haushofer der an seinen ernsthaften Bemühungen offenbar gefallen fand und ihm immer wieder mit gutem Rat zur Seite stand. Der Bouvier hat letztlich auch auf Empfehlung von Prof. Haushofer den Weg zu uns gefunden. |
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